
Text: Johanna Fincke (CIR)
Der Fragenkatalog der CDU-/CSU-Fraktion zur Förderung „unliebsamer“ Organisationen aus dem Februar 2025 ist breit bekannt und kritisiert. Die Union versuchte, das staatliche Neutralitätsgebot zu instrumentalisieren und Organisationen einzuschüchtern, die auf staatliche Fördermittel oder Gemeinnützigkeit angewiesen sind. Vorausgegangen waren weitere Versuche, eine angebliche globale linke Ideologie innerhalb der Zivilgesellschaft zu konstruieren, die gegen nationale Interessen wirken würde.
Die Angriffe auf und Maulkörbe für zivilgesellschaftliche Strukturen, die sich für globale Solidarität und Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz oder Demokratieförderung einsetzen, lassen sich drei Kategorien zuordnen: Einerseits nehmen juristische Angriffe zu, etwa durch Aberkennungsverfahren der Gemeinnützigkeit oder durch sogenannte SLAPPs – strategische Klagen, mit denen Unternehmen kritische Nichtregierungsorganisationen (NROs) mundtot machen wollen. „Einfachen“ Unterlassungsklagen, zum Beispiel bei Veröffentlichungen zu Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten von Unternehmen, war auch die CIR schon mehrfach ausgesetzt.
Rechte Narrative delegitimieren NRO-Arbeit
Gleichzeitig findet seit mehreren Jahren eine Welle der Delegitimierung und Diffamierung statt. Rechte Parteien stellen hunderte Anfragen an Bundes- und Landesregierungen, um Förderprogramme in Frage zu stellen. So wird die Entwicklungszusammenarbeit mit Schlagwörtern wie „Radwege in Peru“ oder „sozialistische Stadtrundgänge“ diffamiert. Das zugrundeliegende Narrativ lautet: NROs seien der verlängerte Arm des Staates, betrieben verdeckte politische Einflussnahme für progressive, angeblich staatlich gewollte „woke“ 1 Ideologie. Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt schreibt in seinem ultrarechten „Nius“-Portal, Regierungsparteien würden staatliche Gelder „missbrauchen, um über vermeintlich gemeinwohlorientierte Organisationen politische Prozesse zu beeinflussen“. Dieses Motiv des „Deep State“ 2 findet Anschluss bis in die konservative Mitte.
Die CSU-Europaparlamentarierin Monika Hohlmeier etwa, Tochter von Franz Joseph Strauß, behauptet, die EU-Kommission bezahle Umwelt-NROs, um für ihre Politik zu lobbyieren. Als „Belege“ dienen angebliche „Geheimverträge“ – in Wahrheit sind dies die Projektanträge der Organisationen, mit denen sie sich auf EU-Förderausschreibungen bewerben. Leider wurde die – inzwischen als rechte Desinformationskampagne herausgearbeitete – Darstellung auch von eigentlich seriösen Medien ungeprüft übernommen.
Hohlmeier sitzt im Aufsichtsrat der BayWa AG, deren Abteilung für Erneuerbare Energie Millionen aus dem gleichen Topf wie die von ihr kritisierten Umwelt-NROs erhielt. Sie und ihre EVP-Fraktion fordern trotzdem, EU-Fördergelder für NROs zu überprüfen oder auszusetzen. Die EU-Kommission untersagte daraufhin per Leitlinien die Finanzierung von Lobbyarbeit mit EU-Mitteln und setzte eine Kontrollgruppe ein, die die Vergabe nur an zivilgesellschaftliche Organisationen prüft.
Angst vor rechten Hetzkampagnen
Das führt zur dritten Kategorie: Kürzungen und Einschränkung der politischen Arbeit mit Fördermitteln. Der Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde 2025 zum vierten Mal in Folge reduziert, auch EuropeAid musste massive Einschnitte hinnehmen. Die verbliebenen Gelder werden zunehmend an nationale Interessen gebunden. Der Fokus entwicklungspolitischer Arbeit verschiebt sich hin zu geopolitischem Nutzen. Förderung für Menschenrechtsschutz und globale Gerechtigkeit geraten ins Hintertreffen.
Hinzu kommt die (berechtigte) Sorge von Förderinstitutionen, dass vermeintliches Fehlverhalten innerhalb eines der von ihnen geförderten Projekte zu rechten Hetzkampagnen führt. Die Auflagen für Förderung werden immer strenger, die administrativen Anforderungen sind überbordend, es gibt kaum noch Offenheit für kreative oder innovative Projekte.
Ohne Mut und Auseinandersetzung geht es nicht
Sämtliche Förderung unserer Partner in Mittelamerika, die wir aufgrund autoritärer Regimes teils nur mit unkonventionellen Methoden unterstützen können, um sie nicht zu gefährden, machen wir auf eigenes Risiko hin. Niemand in den öffentlichen Institutionen will sich angreifbar machen. Doch ohne Mut und Auseinandersetzung geht es nicht. Das autoritäre Begehren in der Gesellschaft zieht nicht an uns vorbei, indem wir uns ducken. Nur durch klare Haltung und gegenseitige Unterstützung können wir den Spielraum für Menschenrechte, Demokratie und globale Gerechtigkeit bewahren. Unbedingte Solidarität – im Kollegium, mit unseren Partner*innen und mit der Zivilgesellschaft – ist in diesen Zeiten nicht nur eine Haltungsfrage, sondern auch eine Überlebensstrategie für die Demokratie.
Lesetipp:
Mehr Informationen zur Einschränkung von NROs finden sich in der neuen Studie von Lobbycontrol: Zivilgesellschaft unter Druck von autoritären Kräften und Lobbyisten

Ich bin für Ihre Fragen da:
Johanna Fincke
Bereichsleitung Inland/Kampagnen
fincke@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-19
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