Klimagerechtigkeit

Der Klimakrise ein Gesicht geben

Neun Journalist*innen und Influencer*innen waren mit uns im Juli auf Medienreise in Honduras. Sie haben die Geschichten von Menschen gehört, die direkt von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind.

Die Journalist*innen lauschen der Geschichte von Bewohnerin Dunia Rodriguez, die ihr Haus in La Lima bei Überflutungen verloren hat. Foto: CIR, Beitragsbild: Andrej Barat.

Honduras gehört weltweit zu den Ländern, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind. Zusammen mit neun Journalist*innen aus Deutschland und Osteuropa im Projekt „Game On! Don’t let climate change end the game“  haben wir eine Medienreise durch das Land unternommen. Das Ziel: Klimaungerechtigkeiten aufzeigen, Klimaforderungen des Globalen Südens weitertragen.⁠  Unsere honduranische Partnerorganisation „Centro de Desarrollo Humano“ (CDH) hat die Reise mit uns organisiert.

Sechs Tage, viele unterschiedliche Orte und Menschen, die von den Auswirkungen der Klimakrise erzählen.  Extremwetterereignisse wie schwere Regenfälle, die durch die Erderhitzung zunehmen, nehmen den Menschen ihre Lebensgrundlagen. Wir stellen hier Geschichten aus diesen Orten vor:

  • Fischerdorf Cedeño an der Pazifikküste: Hier führt der steigende Meeresspiegel zur Zerstörung von Gebäuden. Hinzu kommt der Verlust von Fischen wegen der Meeresverschmutzung durch die Shrimp-Industrie. Die fehlende Arbeit führt dazu, dass immer mehr junge Erwachsene auswandern.
  • Colonia Guillen in der Hauptstadt Tegucigalpa: Die Nachbarschaft liegt auf einer geologischen Sollbruchstelle und ist schwer betroffen von einem Erdrutsch. Die Ursache: schwere Regenfälle im September 2022.
  • Zazagua im bergigen Herzen von Honduras: Ein Wasserkraftwerk führt dazu, dass die indigene Gemeinde der Lenca unter Wasserknappheit und Ernährungsunsicherheit leiden.
  • La Reina ganz im Westen des Landes: Die Gemeinde mit mindestens 400 Familien wird im November 2020 von einem massiven Erdrutsch verschüttet, verursacht durch die heftigen Regenfälle der Hurrikane Eta und Iota.
  • La Lima nahe der Stadt San Pedro Sula: Die Stadt im Bananenanbaugebiet wurde vom Tropensturm Eta am stärksten getroffen, die Menschen beklagen Schäden an Privathäusern, staatlicher Infrastruktur und Ernten durch Überflutungen.

„Mit dieser Reise geben wir den Zahlen zur Klimakrise ein Gesicht“, sagt Lisa Kirtz, CIR-Referentin für Klimagerechtigkeit. „Dadurch rückt die Klimakrise, aber auch Mittelamerika als betroffene Region in der öffentlichen Wahrnehmung näher – in ganzen sieben EU-Staaten!“

Die bisherigen Ergebnisse der Medienreise:

„Fischerdorf kämpft mit steigendem Meeresspiegel“ – Artikel von Lisa Kuner (deutsch)

„Honduras gegen Klimafolgen: Gemeinsam gegen die Fluten (goodimpact.eu)“ – Artikel von Lisa Kuner (deutsch)

„Honduras: So wirken SDGs und Klimaanpassung in prekären Staaten zusammen“ – Newsletterbeitrag von Lisa Kuner (Anmeldung erforderlich) (deutsch)

Instagram-Reel und -Infopost von @klima.neutral (deutsch)

Instagram-Beitrag von Jule Zentek (deutsch)

Artikel zum Meeresspiegelanstieg in Cedeño von Viktor Votruba (tschechisch; automatisch übersetzbar)

Artikel zum Meeresspiegelanstieg in Cedeño von Andrej Barat (slowakisch; automatisch übersetzbar)

Artikel zu den Erdrutschen in Tegucigalpa von Andrej Barat (slowakisch; automatisch übersetzbar)

Artikel zum Wasserkraftwerk in Zazagua von Andrej Barat (slowakisch; automatisch übersetzbar)

Ein paar der Geschichten aus den besuchten Gemeinden:

Delmis Yanira Amaya Ordoñez, Cedeño

Delmis lebt mit ihren vier Kindern und ihrem Mann in einem Holzhäuschen, das auf Stelzen steht.

„Ich muss jeden Tag Sand wegschaufeln, weil die Wellen ihn unter unser Häuschen drücken. Ich lebe da mit meinen Kindern, davon sind zwei noch klein. Gestern Nacht beispielsweise konnte ich kaum schlafen. Die Flutwellen machen mir eine Höllenangst. Wenn sie kommen, rennen wir.

Sie hat aufgelistet, was sie bräuchte, um sich ein neues Häuschen außerhalb der Gefahrenzone zu bauen. Das kann sich die Familie nicht leisten, vor allem seitdem Delmis‘ Mann kaum noch Fische fängt.

Roxana Galvéz, 49, Colonia Guillen

Roxana hatte gerade ihr Haus abbezahlt, als es vom Erdrutsch so stark beschädigt wurde, dass es nun unbewohnbar ist. Sie ist studierte Rechtsanwältin, verdient aber zu wenig für den Lebensunterhalt, da ihre Klienten sie nicht gut bezahlen können. Außerdem kümmert sie sich um ihre Eltern, die beide unter Krankheiten leiden. Ihr Vater hat sich beim Erdrutsch zudem schwer verletzt. Nun leben sie und ihre Verwandten in Mietwohnungen.

„Stellen Sie sich vor, jemand sagt Ihnen: Sie müssen aus Ihrem Haus raus. Und Sie können nirgends hin. Wir wissen nicht, wovon wir die Miete zahlen können. Wir müssen teilweise teure Kredite aufnehmen, und während wir versuchen sie abzubezahlen, kommt schon die nächste Monatsmiete. Und dann muss ich ja noch sehen, wovon ich meine Kinder ernähre.“

Augustina Mejía, 64, Zazagua

Augustina und ihr Mann wollten ihr Grundstück nicht an die Wasserkraftfirma verkaufen. Schlussendlich wurde die Familie ausgetrickst: Die Firma zahlte ihnen zunächst eine – zu geringe –  Entschädigung für ihr Grundstück, verlangte das Geld aber nach Jahren zurück und verklagt Augustina nun sogar.

„Anstatt mir das Geld zu geben, haben sie es mir weggenommen. Das ist der Groll, den ich gegen diese schamlosen Menschen hege.“

Omar Gastrón, 58, La Reina

Omar und seine beiden erwachsenen Kinder haben ihre Häsuer beim Erdrutsch verloren. Ihnen wurde ein Haus in einer neuen Siedlung im Tal versprochen. Seit drei Jahren warten sie darauf.

„Wir treiben uns immer noch umher, nach drei Jahren, stellen Sie sich das vor. Zum Klimawandel möchte ich sagen: Ich hätte gerne, dass die Mächtigem dem ein Ende setzen. Denn sehen Sie, was gerade jetzt mit dieser Gemeinschaft hier passiert. Und wie geht es erst weiter? Die Natur fordert ihren Tribut für das, was man ihr antut.“

Dunia Rodríguez, 39, La Lima

Dunia hat schon einige Hurrikane miterlebt. Nach den Überflutungen durch Eta und Iota im Jahr 2020 hat sie ihr Hab und Gut in einem Baum verstaut – zur Vorbereitung auf die nächsten Überflutungen. Trotz allem versucht Dunia, weiterhin froh zu sein.

„Mein Haus wurde mir weggerissen… Ich stand vor dem Nichts, es hat all die Mühe gekostet, die man sich als armer Mensch macht, weil man nicht die Mittel hat, ein Haus aufzubauen. Ich hatte sechs Jahre gebraucht, um mein Haus zu bauen. Es ist sehr schwierig, wieder bei null anzufangen. Selbst jetzt lebe ich nur unter einem Dach aus Holz- und Blechresten, die ich gefunden habe, weil es kein Budget gibt, um es aus richtigem Material zu bauen. Gott sei Dank leben wir noch, wir werden die materiellen Dinge zurückgewinnen. Es hat uns viel gekostet, aber wir lieben unsere Gemeinde und wir überleben. Und wir wissen, dass die Stürme kommen werden, aber wir sind hier.“

Ich bin für Ihre Fragen da:

Lisa Kirtz
Referentin für Klimagerechtigkeit
kirtznoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 – 674413-49