Kleidung

CIR und MÖWe treten aus dem Textilbündnis aus

Nach jahrelanger und zeitweise intensiver Mitarbeit verlassen wir anlässlich des Tags der Menschenrechte (10. Dezember) das Bündnis für nachhaltige Textilien. Die Arbeitsergebnisse sind ernüchternd und die Fortschritte nicht ausreichend.

8. Dezember 2021

Das Bündnis für nachhaltige Textilien wurde im Oktober 2014 als Reaktion auf tödliche Unfälle in Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan vom damaligen Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller gegründet. Es hatte sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern. Das Bündnis besteht nun seit über sieben Jahren und in der Summe ist festzustellen, dass es weit hinter seinen Zielen zurückgeblieben ist. Vor allem der aus unserer Sicht mangelnde Einsatz der Mitgliedsunternehmen entspricht nicht den Erwartungen, mit denen wir dem Textilbündnis beigetreten sind.

„Schmerzlicher, aber längst überfälliger Schritt“

Die Christliche Initiative Romero e.V. (CIR) und das Amt für Mission, Ökumene und Kirchliche Weltverantwortung der Evangelischen Kirche von Westfalen (MÖWe) haben sich nach Kräften und mit hohen personellen Ressourcen über Jahre im Textilbündnis engagiert. Die Ergebnisse sind ernüchternd, weshalb CIR und MÖWe entschlossen haben, anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember 2021 ihren Austritt bekanntzugeben. „Das ist für uns ein schmerzlicher, aber überfälliger Schritt nach langer, zeitweise intensiver Mitarbeit im Textilbündnis“, sagt Sandra Dusch Silva, Referentin für Kleidung bei der CIR. „Vor allem die Unternehmen bleiben weit hinter dem zurück, was wir als Zivilgesellschaft erwarten.

Folgende Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt:

Bündnis-Initiativen sollten in ausgewählten Produktionsländern zu spezifischen Themen Umsetzungsschritte erproben, z. B. zu existenzsichernden Löhnen. Diese Möglichkeit hat nur eine verschwindende Minderheit der Bündnis-Unternehmen wahrgenommen. Die Erreichung von existenzsichernden Löhnen war von Beginn an eines der Kernziele. Nach sieben Jahren hat die Arbeit des Textilbündnisses vor Ort zu keiner einzigen Verbesserung geführt. An einem nun startenden Living-Wage-Lab wollen sich von den 70 Mitgliedsunternehmen nur 12 beteiligen. ALDI Nord gehörte zunächst dazu, ist aber nach zwei Monaten Mitarbeit wieder ausgetreten. Dass namhafte Konzerne wie Adidas, C&A, Gerry Weber oder Seidensticker sich von vorneherein nicht an dieser Initiative beteiligt haben, verdeutlicht, wie schwach und unzuverlässig das Engagement relevanter Mitgliedsunternehmen beim Thema Existenzlöhne ist.

Fehlende Berichterstattung und Wirkungsmessung

Im Zuge der Corona-Pandemie haben auch Bündnis-Unternehmen die Lasten auf ihre Zulieferbetriebe und damit auf die Arbeiter*innen abgeschoben. Bestellte und schon produzierte Waren wurden nicht abgenommen, Bestellungen wurden annulliert. Die Verantwortung für die Schwächsten in der Pandemie wurde nicht oder von einigen erst im Nachgang wahrgenommen.

Es gibt immer noch große Unternehmen, die den Review-Prozess nicht abgeschlossen haben. Gerade diese sollten in der Lage sein, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten umzusetzen und darüber transparent zu berichten. Relevante Mitglieder wie H&M, Primark oder Puma haben ihre Berichtspflicht 2021 immer noch nicht erfüllt.

Eine aussagekräftige Wirkungsmessung der Maßnahmen der Unternehmen ist essentiell, auch für die Glaubwürdigkeit des Bündnisses. Eine solche gibt es aus Mangel an Beteiligung der Unternehmen nicht. Die Datenlage ist höchst unbefriedigend.

Bangladesh-Accord-Folgeabkommen nicht von allen unterzeichnet

Es gibt immer noch keine aussagekräftige Transparenz im Blick auf die Lieferketten. Nur wenige Bündnis-Unternehmen legen ihre Lieferketten in aggregierter Form vor, obwohl dies keine unternehmenssensiblen Daten beinhaltet.

Für die Mitgliedsunternehmen im Textilbündnis müsste die Unterzeichnung des Bangladesh-Accord-Folgeabkommens eine Selbstverständlichkeit sein, auch weil es die Katastrophe betrifft, die zur Gründung des Bündnisses geführt hat. Dies ist nicht bei allen Bündnis-Unternehmen der Fall. Dies zeigt, wie wenig ernst sie die Bündnisziele nehmen, wenn es um konkrete Umsetzung geht.

Menschenrechte gibt es nicht zum Nulltarif und eine Mitgliedschaft im Textilbündnis darf nicht zum Freibrief für die Einhaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten verkommen“, sagt CIR-Referentin Sandra Dusch Silva. Vor allem bei den Kernthemen existenzsichernde Löhne, Einkaufspraktiken, die die Umwelt und die Menschenrechte achten, sowie Lieferkettentransparenz müssen Wirkungen vor Ort erzielt und von jedem einzelnen Mitgliedsunternehmen nachgewiesen werden. Dies ist dem Textilbündnis in den sieben Jahren seit seiner Gründung aus unserer Sicht nicht ausreichend gelungen.

Porträt von Sandra Dusch Silva

Ich bin für Ihre Fragen da:

Sandra Dusch Silva
Referentin für nachhaltige Lieferketten und Kleidung
duschnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 030 - 41723800