Unternehmensverantwortung

An zentralen Stellen zu schwach

Unsere Einschätzung zum Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz

Foto: Grecaud Paul/Adobe Stock

Die Europäische Kommission hat kürzlich endlich den lange erwarteten Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt. Das Gesetz kann einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Menschen und der Natur in den Lieferketten der Unternehmen leisten. Dafür muss aber der Entwurf an entscheidenden Stellen nachgebessert werden.

Johannes Heeg von der Initiative Lieferkettengesetz, in der sich die CIR engagiert, kommentiert den Entwurf so:
Mit diesem Entwurf legt die EU endlich den Grundstein für weniger Ausbeutung und Umweltzerstörung in den Lieferketten europäischer Unternehmen. Für den großen Wurf müsste die EU aber die heißen Eisen konsequenter anfassen: Sorgfaltspflichten nicht nur für ein Prozent der Unternehmen. Klare klimabezogene Pflichten in der Lieferkette. Und eine Haftungsregelung ohne Schlupflöcher, die endlich Gerechtigkeit für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen schafft.

Christian Wimberger, CIR-Referent für Unternehmensverantwortung, ergänzt:
Damit das EU-Lieferkettengesetz wirklich Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel beim Rohstoffabbau und in der Agroindustrie verhindern kann, sind Nachbesserungen an entscheidenden Stellen nötig. Es soll nicht nur für langfristige Geschäftsbeziehungen, sondern für alle Wirtschaftstätigkeiten gelten. Die EU muss ihre enorme Wirtschaftsmacht endlich konsequent für den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt nutzen!

Das sind die Stärken des Gesetzentwurfs

Die CIR begrüßt grundsätzlich, dass die Europäische Kommission nach mehrfachen Verschiebungen endlich den Entwurf vorgelegt hat. An einigen Stellen geht er über das 2021 vom Bundestag verabschiedete deutsche Lieferkettengesetz hinaus:
• Die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Pflichten der Unternehmen gelten grundsätzlich für die gesamte Wertschöpfungskette – also von der Rohstoffproduktion bis zur Entsorgung des Produkts. Das deutsche Lieferkettengesetz sieht dagegen nur präventive Sorgfaltspflichten für die unmittelbaren Lieferanten der Unternehmen vor. Bei den mittelbaren Lieferanten in der tieferen Lieferkette müssen Unternehmen nur anlassbezogen tätig werden.
• Der Entwurf enthält eine zivilrechtliche Haftungsregel. Geschädigte von Menschenrechtsverletzungen soll der Zugang zu Gerichten in der EU ermöglicht werden, damit sie Unternehmen auf Schadensersatz verklagen können. Dieses zentrale Element fehlt im deutschen Lieferkettengesetz.
• Im Vergleich zum deutschen Gesetz erweitert der Kommissionsentwurf die umweltbezogenen Pflichten der Unternehmen, z.B. auf den Schutz der Biodiversität.

Das sind die Schwächen des Gesetzentwurfs

Die Wirtschaftslobby hat aber einen stärkeren, wirklich wirksamen Entwurf verhindert. An diesen Stellen ist der Entwurf zu schwach:
• Die Sorgfaltspflichten gelten nur für „etablierte“, also langfristige Geschäftsbeziehungen. Die Geschäftsbeziehungen der Unternehmen sind aber oft vorübergehend und undurchsichtig. Dieses Schlupfloch muss korrigiert werden.
• Bei der zivilrechtlichen Haftung fehlt eine Beweislastumkehr: Nicht die Geschädigten sollen vor Gericht die Verwicklung der Unternehmen in Menschenrechtsverletzungen belegen müssen. Unternehmen sollten nachweisen müssen, dass sie ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sind.
• Die klimabezogenen Pflichten sind zu schwach: Unternehmen müssen zwar einen Klimaschutzplan vorlegen. Sie haften aber nicht, wenn sie diesen nicht erfüllen.
• Der Entwurf würde für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen und einem jährlichen Nettoumsatz von 150 Millionen Euro sowie Unternehmen mit 250 Mitarbeiter*innen und 40 Millionen Euro Nettoumsatz in Risikobranchen (Bergbau, Textil und Landwirtschaft) gelten. Damit würde das Lieferkettengesetz gerade einmal 1 Prozent der Unternehmen in der EU erfassen.

Demnächst werden das Europäische Parlament und der Europäische Rat, in dem die Mitgliedsstaaten vertreten sind, Stellung zum Entwurf beziehen. Sobald das EU-Lieferkettengesetz verabschiedet wird, gilt: Da es sich um eine Richtlinie handelt, müssen sie die Mitglieder in ihr jeweiliges nationales Recht umsetzen. Dann muss auch das deutsche Lieferkettengesetz angepasst werden.

Porträt von Christian Wimberger

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Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimbergernoSpam@ci-romero.de
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