Spielzeug

Toys Report 2021:
Licht am Ende des Fließbands?

Bilanz aus vier Jahren Undercover-Recherche in chinesischen Spielzeugfabriken

06. Dezember 2021

Nach vier Jahren verdeckter Ermittlungen zu Arbeitsrechtsverletzungen in chinesischen Spielzeugfabriken zieht der „Toys Report 2021“ Bilanz – und die fällt düster aus. Die Nichtregierungsorganisation China Labor Watch (CLW) hat auf Basis früherer Untersuchungen die Entwicklungen in der Spielzeugproduktion am Fallbeispiel des Spielzeugherstellers Mattel analysiert. Das Ergebnis: “Beunruhigend”, so die CIR-Referentin für faires Spielzeug, Anna Backmann. „Die Arbeitsbedingungen in der Spielwarenbranche haben sich in den vergangenen Jahren kaum verbessert.“ So entsprechen Löhne, Urlaubstage und Arbeitsverträge zunächst zwar geltendem Recht. Allerdings ist der Mindestlohn zu gering angesetzt und die Arbeitsverhältnisse prekär. Hinzu kommen zwangsarbeitsähnliche Anstellungsverhältnisse, Diskriminierung oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Fehlende Gewerkschaften oder Beschwerdemechanismen führen dazu, dass Arbeiter*innen sich nicht selbst gegen Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen verteidigen können.

Spielzeugriese Mattel im Fokus

Am Fallbeispiel Mattel zeigt sich, dass bisherige Maßnahmen wie Kontrollen durch Industrie-Initiativen, Aufklärungskampagnen und Gesetze nicht ausgereicht haben, um die Arbeitssituation in chinesischen Spielzeugfabriken nachhaltig zu verbessern. So haben die Studien der vergangenen Jahre beispielsweise gezeigt, dass Arbeiter*innen bei Mattel aufgrund der niedrigen Löhne und des Produktionsdrucks in der Hauptsaison bis zu dreimal mehr Überstunden machen als gesetzlich erlaubt.

Eine Arbeiterin montiert Mattel-Puppen trotz Verletzung

Eine Arbeiterin packt Accessoires der „Color Reveal Doll“

Allergische Reaktion wegen fehlender Handschuhe zum Schutz vor Chemikalien

Essensausgabe am Boden, Hygiene mangelhaft

Sexuelle Belästigung und psychische Gewalt

In der Fabrik Changan Mattel wurde zudem sexuelle Belästigung bei der Produktion der Color Reveal Doll nachgewiesen – das zeigen vorherige Reports. Besonders erschütternd war der Umgang des Mattel-Konzerns damals mit den Vorwürfen sexueller Belästigung in seinen Fabriken. Bereits 2019 wurden mehrere Vorfälle in einer anderen konzerneigenen Fabrik, Foshan Mattel, dokumentiert. Wir hatten Mattel dazu aufgefordert, effektive Maßnahmen zu ergreifen, etwa Komitees gegen Belästigung und geschlechtsspezifische Gewalt wählen zu lassen und ein sicheres Arbeitsumfeld für die Arbeitnehmer*innen zu schaffen. Doch noch immer sind Arbeiter*innen nicht effektiv vor Übergriffen geschützt, das zeigt die Bestandsaufnahme in diesem Jahr.

Toys Report 2021 bestätigt: Brancheneigene Zertifizierungen weitgehend wirkungslos

Insgesamt setzen die großen Markenunternehmen statt auf faire Produktionsfristen und angemessene Preise auf die Maximierung ihrer Gewinnmargen. Auch Aufklärungskampagnen und Gesetze konnten keine gravierende Verbesserung für die Situation von Arbeiter*innen in chinesischen Spielzeugfabriken erzielen.

Unsere Auswertung bestätigt, dass es einen neuen Ansatz braucht, um Arbeiter*innen entlang der Spielwaren-Lieferkette wirksamer zu schützen und die Missstände in der Spielzeugindustrie nachhaltig zu verbessern“, so Anna Backmann.

Fair Toys Organisation – ein Licht am Ende des Fließbands?

Mit diesem Ziel wurde in 2020 die Fair Toys Organisation (FTO) mit Sitz in Nürnberg gegründet: „Als Multi-Stakeholder-Initiative aus Industrie und Zivilgesellschaft stellt die FTO eine glaubwürdige Instanz dar, die die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten der Spielzeughersteller*innen bewertet“, erklärt Maik Pflaum, CIR-Referent für Arbeitsrechte und einer der Vertreter*innen der Zivilgesellschaft im Vorstand der FTO.

Unternehmen, die ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, sollen künftig mit einem FTO-Siegel ausgezeichnet werden. Das Siegel soll Verbraucher*innen und Beschaffer*innen aufzeigen, welches Spielzeug unter Wahrung der Arbeitsrechte produziert wurde.

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Ich bin für Ihre Fragen da:

Anna Backmann
Referentin für Spielzeug
backmannnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-25

Porträt von Maik Pflaum

Ich bin für Ihre Fragen da:

Maik Pflaum
Bereichsleitung Ausland, Referent für El Salvador, Kleidung, Spielzeug
pflaumnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0911 - 214 2345