Kleidung

Maquila Delegationsreise nach El Salvador

Ausgepresst wie Zitronen: Northface-Arbeiter*innen bei Young One

Seit der Produktionsprozess bei „The North Face“ umgestellt wurde, müssen 20 Arbeiter*innen, für einen kläglichen Mindestlohn, in einer Stunde 33 Jacken fertigen.

Betriebsratmitglieder von Young One

Betriebsratmitglieder von Young One

Die Gewerkschaft FEASIES hat heute nachmittag für uns ein Treffen mit Näher*innen für die Marke „The North Face“ organisiert. The North Face ist Marktführer in der Branche für Outdoorbekleidung und lässt unter anderem in der Zulieferfabrik Young One nahe der Hauptstadt San Salvador in einer sogenannten Freien Produktionszone von 1450 ArbeiterInnen Outdoor-Kleidung produzieren.

Gilberto García ist Leiter des Betriebsrates in der Fabrik Young One und erklärt uns, wie sich vor knapp vier Jahren der Arbeitsdruck für die Näher*innen plötzlich extrem verstärkte als der Besitzer der Fabrik wechselte. Der Produktionsprozess wurde im Sinne einer Effizienzsteigerung umgestellt und statt in Reihen wird seitdem in Gruppen gefertigt. Jede Arbeiter*in arbeitet an mindestens zwei verschiedenen Maschinen und ist somit für mehr als üblicherweise nur einen Produktionsschritt verantwortlich. Das Produktionssoll hat sich für die Arbeiter*innen fast verdreifacht.

Während früher 45 Arbeiter*innen in der Stunde 23 Jacken fertig stellen mussten, sind es nun 20, die in der gleichen Zeit 33 Stück fertigen sollen. Es handelt sich bei den hergestellten Winterjacken um alles andere als Discountware. Sie werden in den USA für 185 bis 195 US-Dollar verkauft.
Unter dem enormen Druck leidet die Belegschaft extrem, auch weil es für sie auf diese Weise praktisch nicht mehr möglich ist, einen Bonus zu erwirtschaften. Nach dem alten Produktionsmodell konnten sich die Arbeiter*innen mit einem täglichen Bonus von ca. 7 US-Dollar den kläglichen Mindestlohn deutlich aufbessern. Heute läge der Bonus bei ca. 4,50 US-Dollar, aber wirklich erreichbar ist ein solcher nicht. Es ist vielmehr so, dass die Arbeiter*innen das Tagessoll in der regulären Arbeitszeit nicht erreichen und daher unbezahlte Überstunden akzeptieren, um keine Lohnabzüge zu bekommen.

Wie all das für Gilberto García ist, wenn er die Etiketten mit den teuren Verkaufspreise an den Jacken sieht? Er ist über den geringen Prozentsatz, der den Arbeiter*innen zukommt sehr enttäuscht. Und lachen muss er, sagt er uns. Reiner Galgenhumor…

An einen kollektiv verhandelten Tarifvertrag ist in der Fabrik YoungOne nicht zu denken. Um eine verhandlungsfähige Gewerkschaft zu gründen, bräuchten Gilberto und seine Kolleg*innen aus dem Betriebsrat insgesamt 35 Mitglieder. Schwierig genug, denn die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren ist trotz der harten Arbeitsbedingungen bei den Angestellten enorm. Das Recht, einen Tarifvertrag auszuhandeln, hat eine Gewerkschaft auch erst erst dann, wenn 50% plus eine weitere Person der Belegschaft gewerkschaftlich organisiert sind.

Ein großer Erfolg wäre es aber bereits, wenn die Fabrikleitung Dialogbereitschaft zeigen würde und sich gemeinsam mit dem Betriebsrat und FEASIES zusammensetzen würde, um über die Missstände in der Fabrik zu sprechen. Bisher wird dies aber kategorisch abgelehnt.

Mehr zur Maquila Delegationsreise

Vom 26. Januar bis zum 6. Februar 2015 hat die CIR eine Delegationsreise zum Thema „Maquila“ (spanisch für Bekleidungsfabrik) ins mittelamerikanische Land El Salvador unternommen. Gemeinsam mit Journalist*innen und entwicklungspolitischen Multiplikator*innen aus Deutschland sowie Mitarbeiterinnen von Nichtregierungsorganisationen aus Rumänien, der Slowakei und Bulgarien trafen wir Partnerorganisationen der CIR aus der Menschen- und Arbeitsrechtsarbeit. Auf dem Reiseplan standen u.a. Treffen mit Fabrikarbeiter*innen, Betriebsgewerkschaften sowie Arbeitsrechtler*innen.

Porträt von Maik Pflaum

Ich bin für Ihre Fragen da:

Maik Pflaum
Referent für El Salvador, Kleidung, Spielzeug
pflaumnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0911 – 214 2345