Bergbau

Bischöfe kritisieren Rohstoffausbeutung

Die Lateinamerikanische Bischofskonferenz stellt sich in einem bemerkenswerten Positionspapier auf die Seite von Gemeinden, die sich gegen Bergbauprojekte wehren. Sie sendet damit auch eine Botschaft an die EU.

29.07.2025

Im Zuge geostrategischer Konflikte sorgen sich Politiker*innen und Unternehmen in der EU und Deutschland zunehmend um die Versorgung mit Rohstoffen. Mit verschiedenen Mitteln wollen sie sicherstellen, dass immer mehr neu abgebaute Rohstoffe aus dem Globalen Süden in die EU verschifft werden. Die Situation der Menschen, die im Umkreis der Minen leben und die umweltbezogenen und gesundheitlichen Kosten des Abbaus von Rohstoffen wie Kupfer, Lithium, Nickel oder Gold tragen, geraten dabei in den Hintergrund. Just in diesem Moment kritisieren wichtige Stimmen der Katholischen Kirche in Lateinamerika die Rohstoffausbeutung. Im Dokument „Pastorale Orientierung der Katholischen Kirche angesichts des Bergbaus“ zeigen die Lateinamerikanische Bischofskonferenz und das Netzwerk „Kirchen und Bergbau“ Kirchengemeinden Wege auf, wie sie mit den vielfältigen Herausforderungen des sogenannten Extraktivismus umgehen können. Am Netzwerk „Kirchen und Bergbau“ beteiligt sich unter anderem unsere honduranische Partnerorganisation ERIC/Radio Progreso.

Extraktivismus

Unter „Extraktivismus“ verstehen die Autor*innen „eine maßlose Tendenz, die Güter der Natur in Kapital umzuwandeln“. Diese Entwicklung sehen sie nicht nur von der produktiven Wirtschaft, sondern auch vom globalen Finanzkapitalismus und der Rüstungsindustrie befeuert. Deutliche Worte der Kritik finden sie auch an der Strategie des Grünen Kapitalismus, die unter anderem die EU verfolgt: Mit den Vorschlägen für eine Energiewende sollen, so die Kirchenvertreter*innen, der Konsum und die Konzentration des Kapitals in den reichsten Gesellschaften aufrechterhalten werden, wobei lediglich die Energiequellen ersetzt werden sollen. Das Problem sei aber, dass diese „sauberen Energien“ – Solarpanels, Windkraftanlagen und Staudämme – Unmengen an Metallen benötigen.

In der Tradition der Befreiungstheologie

Der Abbau dieser Metalle führt zu Umweltzerstörung, die wiederum schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen im Umfeld der Minen hat. Gemeinden, die sich zur Wehr setzen, werden oft Opfer von Kriminalisierungskampagnen und mörderischer Gewalt. Die Lateinamerikanische Bischofskonferenz ergreift das Wort gegen diese rücksichtslose Ausbeutung und wählt die „Option für die Gemeinden und Territorien“. Diese Formulierung erinnert an das befreiungstheologische Prinzip der „Option für die Armen“, das marxistische Theolog*innen während des Kalten Kriegs vertraten. Mit dem Dokument nimmt die Bischofskonferenz eine wichtige ökologische Aktualisierung der Befreiungstheologie vor, indem sie die Verbindungen des Lebens der Personen mit anderen Lebewesen hervorhebt. Insbesondere soll der Dialog mit anderen Spiritualitäten indigener und afrostämmiger Gemeinden gefördert werden, die den Anthropozentrismus, also die alleinige Konzentration auf den Menschen, überwinden wollen. Auch wenn es seit der Kolonialzeit Verbindungen zwischen dem Christentum und indigenen Religionen gab, ist eine derart klare Anerkennung der anzestralen Spiritualitäten für ein Dokument der Amtskirche bemerkenswert.

Zukunft nach dem Bergbau

Im Positionspapier wird das Recht betroffener Gemeinden hervorgehoben, Nein zum Bergbau zu sagen und lokale Wirtschaftsweisen zu verteidigen, die „Leben geben und nicht töten“. Die Autor*innen lehnen Versuche der Staaten und Unternehmen ab, die Kirchen zur Legitimierung von Bergbauprojekten zu instrumentalisieren. Stattdessen fordern sie die Kirchen auf, die Gemeinden bei der Verteidigung ihres Lebens und ihres Landes zu verteidigen.

Langfristig fordert das Papier eine „post-extraktivistische Transformation“, also einen Übergang zu Wirtschaftssystemen, die weniger abhängig vom Rohstoffabbau und -export sind. Dieser schrittweise Prozess soll von einem ausbeuterischen zu einem essenziellen Bergbau führen. Letzterer zeichnet sich dadurch aus, dass er die Verwendung von Mineralien neu definiert, sie nur noch zu unverzichtbaren Zwecken abbaut und die soziale und ökologische Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt.

Ein Pfarrer unterstützt eine Volksbefragung über Bergbau in der Gemeinde Aractao in El Salvador 2015. Foto: CIR.
Ein Pfarrer unterstützt eine Volksbefragung über Bergbau in der Gemeinde Aractao in El Salvador 2015. Foto: CIR.

Botschaft an den Globalen Norden

Seit einigen Jahren engagieren sich in Lateinamerika Geistliche in Widerständen gegen Bergbau. In den letzten Monaten sprach sich Mons. José Luis Escobar Alas, Vorsitzender der Bischofskonferenz El Salvador, immer wieder klar gegen die Pläne des salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele aus, das gesetzliche Bergbauverbot von 2017 abzuschaffen und Goldbergbau im Land wieder zuzulassen. Er bezeichnete das industrielle Goldschürfen als Plünderung und wies auf die Gefahren für die Wasserressourcen des kleinen Landes hin.

Mit den „Pastoralen Orientierungen“ stellt die Lateinamerikanische Bischofskonferenz nun klar, dass sich ein wichtiger gesellschaftlicher Akteur in Lateinamerika auf die Seite von Menschen stellt, die unter der Ausbeutung der Natur leiden. Sie fordern damit auch Deutschland und die EU auf, ihr Wirtschaftssystem nicht länger auf der neokolonialen Rolle des Globalen Südens als Rohstofflieferanten aufzubauen. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben den kürzlich verabschiedeten Critical Raw Materials Act der EU dafür kritisiert, die Sicherheit der Rohstoffversorgung in den Vordergrund zu stellen und die Auswirkungen des Bergbaus im Globalen Süden nicht ausreichend zu berücksichtigen. Eine post-extraktivistische Zukunft Lateinamerikas, wie sie in den „Pastoralen Orientierungen“ beschrieben wird, zwänge Deutschland und die EU das eigene, wachstumsbasierte Wirtschaftsmodell grundlegend zu ändern.

Porträt von Christian Wimberger

Ich bin für Ihre Fragen da:

Christian Wimberger
2. Bereichsleitung Inland/Kampagnen
Referent für Guatemala und Unternehmensverantwortung

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