Unternehmensverantwortung

Scheitert das EU-Lieferkettengesetz an der FDP?

Eigentlich war das EU-Lieferkettengesetz so gut wie beschlossen. Doch nun droht es an der Blockade durch die FDP zu scheitern. Wenn die deutsche Regierung sich nicht einigen kann, wird sie sich enthalten bei der Abstimmung im EU-Rat, was vermutlich das Aus des Gesetzes bedeuten würde.

Foto: Laila Sieber/Oxfam

Rückblick

Am 11. März 2021 stimmte die deutliche Mehrheit der EU-Parlamentarier*innen für die Einführung eines ambitionierten Lieferkettengesetzes. Die geforderten Standards gingen an vielen Stellen weit über das deutsche Gesetz hinaus, das seit Januar 2022 in Deutschland gilt und eher schwach ausgefallen ist. Die Hoffnung lag auf einem starken europäischen Gesetz, das die Schwächen des deutschen Pendants ausbügeln sollte und so endlich für mehr Gerechtigkeit in globalen Lieferketten hätte sorgen solle. Mehr als zwei Jahre haben EU-Parlament, Kommission und die Mitgliedsstaaten über das EU-Lieferkettengesetz verhandelt. Im Dezember 2023 haben sie sich dann im sogenannten Trilog endlich auf einen Kompromiss geeinigt. Die Bundesregierung, also auch die FDP, hatte diesen Kompromiss mitverhandelt und mitgetragen. Bis jetzt.

FDP blockiert deutsche Zustimmung zum EU-Lieferkettengesetz

Anfang Februar dieses Jahres sollte die finale Abstimmung der Länder über das Gesetz stattfinden – eigentlich nur noch reine Formsache nach den Verhandlungen der letzten Monate. Doch die FDP entschied sich im Alleingang, die Zustimmung Deutschlands zum EU-Lieferkettengesetz zu blockieren. Mal wieder kann sich die Ampelkoalition bei einer so wichtigen Frage nicht einigen. Auf die drohende Enthaltung von Deutschland sind dann auch andere Mitgliedstaaten ins Wanken geraten und die Abstimmung zum Gesetz wurde vertagt. Sollte sich das vorbereitende EU-Gremium (COREPER) am Ende mehrheitlich gegen die neuen EU-weiten Richtlinien entscheiden, stünden die Türen für menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung weiterhin offen.

Darum brauchen wir das EU-Lieferkettengesetz

Der Europäische Binnenmarkt ist der größte Verbraucher*innenmarkt der Welt. Unzählige Konzerne, kleine und große Unternehmen, bekannte Marken und Verbraucher*innenmärkte sind hier ansässig. Viele Produkte und Waren werden importiert und an anderen Orten in der Welt, vorrangig in den Ländern des Globalen Südens, produziert. Über Lieferketten, in die verschiedene Akteure eingebunden sind, gelangen die Güter zu uns. Bislang gibt es keine Möglichkeit, Unternehmen für diese Form des Raubwirtschaftens außerhalb ihres eigenen Landes zur Verantwortung zu ziehen. Unternehmen in Europa haften nicht für die Probleme und Schäden, die ihre Produkte entlang der Lieferkette verursachen. Ein europäisches Lieferkettengesetz könnte das ändern.

Wir sind entsetzt und bestürzt über den Alleingang der FDP! Zusammen mit der Initiative Lieferkettengesetz haben wir den Bundeskanzler aufgefordert, ein Machtwort zu sprechen und dem Gesetz doch noch zuzustimmen!

EU-Lieferkettengesetz – das könnte drin sein

Die uns vorliegenden Informationen sprechen dafür, dass das EU-Gesetz an zentralen Stellen über das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) hinausgehen würde:

    • Betroffene von Menschenrechtsverletzungen sollen Zugang zu Gerichten in den Mitgliedstaaten erhalten und könnten auf Schadensersatz klagen
    • Das EU-Gesetz würde mehr Unternehmen umfassen: Während im deutschen LKSG nur Unternehmen erfasst sind, die 1.000 oder mehr Mitarbeitende haben, soll die Grenze im EU-Gesetz bei 500 Mitarbeitenden liegen (sofern ein Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen erwirtschaftet wird)
    • Für Unternehmen, die in einem Risikosektor tätig sind, läge die Geltungsgrenze des Gesetzes sogar bei nur 250 Mitarbeitenden.
    • Das Gesetz folgt einem risikobasierten Ansatz, sodass Unternehmen ihre Lieferketten genau auf mögliche Menschenrechtsverletzungen unter die Lupe nehmen müssten.

Leider besitzt der Kompromisstext wohl auch Schwachstellen. So würden keine Sorgfaltspflichten für Investitionen und Kredite gefordert, obwohl Finanzentscheidungen gravierende Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zur Folge haben können. In puncto Klima fällt das Zwischenfazit gemischt aus: Zwar müssten Unternehmen einen Plan aufstellen, indem sie nachweisen, dass sie das Pariser-Klimaabkommen einhalten. Geprüft werden würde aber lediglich, ob dieser Plan existiert und bestimmte Anforderungen erfüllt.

Ansprechpartner_Dominik_Gross

Ich bin für Ihre Fragen da:

Dominik Groß
Referent für Menschenrechte und Klimaschutz in Agrarlieferketten
grossnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-43