Unternehmensverantwortung

Europa stellt die Weichen für ein starkes Lieferkettengesetz

Das EU-Parlament fordert strenge gesetzliche Standards, um Menschenrechte und Umwelt vor der Ausbeutung durch Unternehmen zu schützen

Verbundenes Männlichkeits- und Weiblichkeitssymbol in einer Tag-Cloud

Foto: Christian Lue/Unsplash

Am 11. März 2021 stimmte die deutliche Mehrheit der EU-Parlamentarier*innen für die Einführung eines ambitionierten Lieferkettengesetzes. Der Druck auf die EU-Kommission für einen starken Gesetzesentwurf wächst. Die geforderten Standards gehen an vielen Stellen weit über den verwässerten deutschen Gesetzesentwurf hinaus, auf den sich die Bundesregierung geeinigt hat.

 

Warum brauchen wir ein europäisches Lieferkettengesetz?

Der Europäische Binnenmarkt ist der größte Verbraucher*innenmarkt der Welt. Unzählige Konzerne, kleine und große Unternehmen, bekannte Marken und Verbraucher*innenmärkte sind hier ansässig. Allerdings kommen längst nicht alle Produkte, die wir auf dem europäischen Markt kaufen können, aus Europa. Viele Produkte und Waren werden importiert und an anderen Orten in der Welt, vorrangig in den Ländern des Globalen Südens, produziert. Über Lieferketten, in die verschiedene Akteur*innen eingebunden sind, gelangen die Güter zu uns.

Bei dieser Form des globalisierten Handels verletzen viele Unternehmen in ihren Wertschöpfungsketten Menschenrechte und tragen zur Umweltzerstörung bei. Denn am Ende gewinnt noch immer der niedrigste Marktpreis den Zuschlag des Händlers. Dieser günstige Preis kann oft nur durch Ausbeutung der Arbeitskräfte und Produktionsbedingungen zu Lasten der Umwelt gehalten werden. Bislang gab es keine Möglichkeit, Unternehmen für diese Formen des Raubwirtschaftens außerhalb ihres eigenen Landes zur Verantwortung zu ziehen. Die Eigenverantwortung sowie Selbstkontrolle der Unternehmen sind am Ende oft nur Verschleierungstaktiken für das profitorientierte Markthandeln. Unternehmen in Europa haften nicht für die Probleme und Schäden, die ihre Produkte entlang der Lieferkette verursachen. Ein europäisches Lieferkettengesetz würde das ändern.

So geht es weiter

Grundsätzlich hat nur die Europäische Kommission das Recht, einen Gesetzesentwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz vorzulegen. Allerdings können das Europäische Parlament, der Ministerrat und der Europäische Rat die Kommission auffordern, tätig zu werden. Auch die Bürger*innen der EU haben die Möglichkeit, die Kommission über ein Volksbegehren dazu aufzufordern, sich eines bestimmten Themas anzunehmen. Im Juni will der EU-Justizkommissar Didier Reynders der Kommission seine Pläne für ein europäisches Lieferkettengesetz und einen ersten Entwurf vorstellen. Mit dem Rückenwind des EU-Parlaments stehen die Zeichen gut für eine starke Gesetzesvorlage, die Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Einhaltung von Arbeits-, Sozial-, Umweltstandards drängt.

EU-Lieferkettengesetz – das soll drin sein

Die Initiative Lieferkettengesetz hat den Vorschlag des EU-Parlaments mit den Plänen der Bundesregierung verglichen. Das Ergebnis macht die Unterschiede deutlich:

  • Das EU-Parlament plant einen größeren Anwendungsbereich als die Bundesregierung: Es will viel mehr Unternehmen einbeziehen, darunter auch kleine und mittlere, die an der Börse notiert oder in Risikosektoren tätig sind. Auch US-amerikanische und chinesische Firmen, die in der EU Geschäfte machen, würden erfasst.
  • Sowohl der Bericht des EU-Parlaments als auch die Pläne von Kommissar Reynders beinhalten klare Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung, um die Rechte von Betroffenen zu stärken.
  • Auch in Bezug auf Umweltfragen geht der Vorschlag des EU-Parlaments über den deutschen Gesetzentwurf hinaus. Anders als der Entwurf der Bundesregierung sieht der Bericht des EU-Parlaments eine eigenständige umweltbezogene Sorgfaltspflicht vor – im Angesicht von Klimawandel und fortschreitender Umweltzerstörung ist das überfällig.
  • Die Reichweite der Sorgfaltspflichten ist die größte Schwäche des deutschen Gesetzentwurfs: Jenseits der direkten Vertragspartner*innen müssten Unternehmen Risiken nur in den Blick nehmen, wenn sie einen „Anlass“ dafür haben. Dagegen betonte Justizkommissar Reynders mit Blick auf den Bericht klar, dass Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette proaktiv handeln müssen. Wer Zwangs- oder Kinderarbeit bekämpfen will, darf sich nicht auf direkte Lieferbeziehungen beschränken!

Schon gewusst?

Unsere europaweite Kampagne “Our Food. Our Future” setzt sich für den nachhaltigen Wandel des Ernährungssystems und faire Agrarlieferketten ein, um globale Probleme wie Klimawandel und Migration weltweit zu bekämpfen. Das System hat enormen Einfluss auf Ursachen wie Umweltzerstörung, Armut oder Vertreibung. Ein Dreh- und Angelpunkt für den Systemwandel ist die Schaffung fairer und nachhaltiger Agrar-Lieferketten, weshalb sich die Kampagne auf europäischer Ebene für das EU-Lieferkettengesetz stark macht.

Porträt von Christian Wimberger

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Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
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