Modeunternehmen

H&M

Stellungnahme der Kampagne für Saubere Kleidung zur Reaktion von H&M

Antwortschreiben vom 27. September 2018

Die Ergebnisse unserer Recherche zu Armutslöhnen für Arbeiter*innen in den Lieferketten H&Ms gehen diese Woche um die Welt. In Europa sind die Menschen besonders schockiert von der Tatsache, dass eines der untersuchten Länder, Bulgarien, Mitglied der Europäischen Union ist. Die größte Enttäuschung besteht allerdings darin, dass H&M sein 2013 groß angekündigtes Versprechens, für existenzsichernde Löhne in seinen strategischen Zulieferbetrieben zu sorgen, nicht eingehalten hat.

H&Ms Argumente: 1. Fortschritte erzielt

Wir, die Kampagne für Saubere Kleidung, hatten diese Ergebnisse bei monatelangen Recherchen in strategischen H&M-Zulieferfabriken in vier Ländern, basierend auf 62 Interviews mit Arbeiter*innen zusammengetragen. Als H&M das kurz vor der Veröffentlichung erfuhr, sendete der Konzern eine Meldung an die Presse mit der Behauptung, sie hätten „die Grundlage für einen existenzsichernden Lohn“ gelegt und damit „fast eine Million Textilarbeiter*innen erreicht“. Diese präventive „Fortschrittsmeldung“ ignoriert jedoch das eigentlich Versprechen, bis 2018 existenzsichernde Löhne zu schaffen.

Manchmal ist H&M seiner Konkurrenz voraus, wenn es darum geht, Schritte in Richtung einer nachhaltigeren Modeindustrie zu unternehmen. Das Versprechen existenzsichernder Löhne 2013 war einer davon. Doch unsere Recherchen zeigen deutlich, dass Worte allein nicht ausreichen.

H&M ist unserer wiederholten Forderung, über den Fortschritt hin zu existenzsichernden Löhnen zu berichten, von 2013 bis jetzt nicht nachgekommen. Doch wir haben allen Grund zu der Annahme, dass die sechs Untersuchten Fabriken keine Ausnahmefälle sind: H&M hat viel Lob für sein Versprechen geerntet, aber bis dato versagt, tatsächlich für existenzsichernde Löhne in den Taschen der Arbeiter*innen zu sorgen. Trotzdem besitzt der Konzern die Dreistigkeit, nun zu behaupten, seine Ziele übererfüllt zu haben!
Diese Strategie ist zum Scheitern verurteilt, da mehr und mehr Menschen erkennen, dass H&M nun versucht, das Versprechen zu vertuschen und aus seiner Geschichte zu streichen.

H&Ms Argumente: 2. Gewerkschaften müssen selbst für bessere Löhne sorgen

Eine von H&Ms PR-Taktiken ist es, uns als Gegner*innen gemeinhin anerkannter Wege hin zu höheren Löhnen darzustellen. Das ist schlichtweg falsch. Schon immer unterstützt die Kampagne für Saubere Kleidung die Versammlungsfreiheit und Kollektivverhandlungen von Arbeiter*innen in der Modeindustrie und arbeitet gemeinsam mit Gewerkschaften darauf hin.
Doch diesbezüglich gibt es derzeit Probleme in der Textilindustrie: Zum einen lässt H&M in einigen Ländern produzieren, in denen die Gewerkschaftsfreiheit stark eingeschränkt ist und damit auch das Potential, existenzsichernde Löhne rein durch sozialen Dialog zu erreichen.

Zum anderen haben H&M und andere Modekonzerne großen Einfluss darauf, was in einem solchen Dialog zwischen Arbeiterschaft und Fabrikbesitzer*innen möglich ist. Es hängt zum Beispiel von dem Preis ab, den Modekonzerne für die fertigen Kleidungsstücke bezahlen. Es wäre ein Leichtes für H&M, von seinem Milliardengewinn etwas mehr für die Lohnkosten auszugeben, die nur einen sehr kleinen Teil des Ladenpreises ausmachen. Sie könnten die Lebensbedingungen der Arbeiter*innen auch jetzt schon mit einem existenzsichernden Lohn verbessern, parallel zu den langfristigen Zielen, Gewerkschaften zu stärken.

H&Ms Argumente: 3. Wieviel ist ein existenzsichernder Lohn?

Das Argument, dass es keine universell vereinbarte Kenngröße für einen existenzsichernden Lohn gibt, führt H&M seit Jahren ins Feld und ist nun, eine schwache Entschuldigung für das Versagen, die Menschen, die ihre Produkte nähen, aus der Armut zu holen. Wir akzeptieren dieses Argument nicht, denn es gibt viele von Forscherteams und NGOs berechnete Kenngrößen, aber sie alle unterscheiden sich nicht sehr und egal, welchen davon man heranzieht: H&M muss seinen Worten Taten folgen lassen, um ihn zu erreichen.

H&M hat die Verantwortung und die Mittel

Die Rechercheergebnisse lassen keinen Zweifel daran, dass weder die Mindestlöhne in den Ländern noch das tatsächliche Gehalt der Befragten auch nur annähernd einen existenzsichernden Lohn darstellt. H&M hat die Verantwortung dafür, diese Lücke zu schließen – nicht nur weil sie es 2013 versprochen haben, sondern weil Konzerne generell dazu verpflichtet sind, für die Einhaltung der Menschenrechte – und dazu gehört ein existenzsichernder Lohn – in ihren Lieferketten Sorge zu tragen.

Wie wir schon mehrfach in den letzten Jahren kritisiert haben, konzentriert sich H&M darauf, von seinen „Fortschritten“ zu berichten, ohne dabei konkrete Ergebnisse auf den Lohnzetteln der Arbeiter*innen zu schaffen. Aus der Sicht einer Arbeiter*in, die trotz Überstunden und Wochenendarbeit in Armut lebt gesagt: Ein Prozess macht keine Familie satt, bezahlt keine Arztrechnung oder sorgt dafür, dass du ein Dach über dem Kopf hast. Das kann nur ein existenzsichernder Lohn.

Auch in seiner Reaktion auf die zahlreichen Medienberichte über unsere Rechercheergebnisse versucht H&M mit aller Macht, Bezug zu seinem konkreten Versprechen zu vermeiden. Das verdeutlicht die Notwendigkeit unserer #TurnAroundHM Kampagne, die es an die Öffentlichkeit zurückbringt und H&M sein diesbezügliches Versagen aufzeigt.

Kampagne #TurnAroundHM geht weiter

Über 100.000 Menschen haben sich der Kampagne mit der Petition „H&M, halte dein Versprechen“ schon angeschlossen. Gemeinsam mit ihnen werden wir weiter darauf beharren, dass H&M die Verantwortung und die finanziellen und sonstigen Mittel hat, das Versprechen ohne weitere Verzögerung zu erfüllen und für über 850.000 Arbeiter*innen einen existenzsichernden Lohn zu gewährleisten. Alles was H&M fehlt, ist der politische Wille dazu.

Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campagin, CCC)

Pressekontakt

Dr. Bettina Musiolek,
Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign)
Tel: 0176 – 577 13 247
bettina.musioleknoSpam@einewelt-sachsen.de

Isabell Ullrich
Referentin für die Kampagne für Saubere Kleidung
Christliche Initiative Romero (CIR)
Schillerstraße 44a | 48155 Münster
Tel: 0251 – 67 44 13 -13
E-Mail: ullrichnoSpam@ci-romero.de

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